Ich weiß viele haben schon über das Thema geschrieben, ich auch, aber jetzt hat sich etwas geändert, jetzt seh ich das mit
anderen Augen.
Ich
hatte eine Meinung zu dem Thema, aber aus einer distanzierten Sicht her. In meinem (näheren) Umfeld gab es
niemanden der homosexuell war. Da bildet man sich schnell eine Meinung und stempelt alles als nicht so schlimm ab.
Jetzt hat sich aber etwas
geändert, in meinem Umfeld hat sich jemand
geoutet. Inoffiziell, aber die Person ist sich jetzt ihrer Einstellung sicher.
Ich möchte euch nun schreiben, was sich dadurch an meiner Einstellung zu Homosexualität
geändert hat und wie ich als Nahestehender damit umgegangen bin und wie man am besten damit umgeht.
Früher hatte ich eine
extreme Einstellung. Homosexualität hab ich als etwas
total normales abgestempelt. Ich hasste die Diskriminierung von Homosexuellen in jeder Hinsicht, und hab mich, wenn eine Diskussion war auch dafür eingesetzt. Also war Homosexualität für mich etwas ganz normales, ich war der Meinung diese Leute sollte man ganz normal behandeln,
und ihre Liebe mit der Heteroliebe gleichstellen.
Das war meine Meinung, jedoch hab ich mich
nie wirklich intensiv mit dem Thema beschäftigt, und hatte auch niemanden im Bekannten oder Verwandtenkreis, der homosexuell war, bis vor kurzem. Das ist jetzt schon über einen Monat her, aber ich denke erst jetzt kann ich wirklich darüber schreiben.
Dass die (männliche) Person sich inoffiziell geoutet hat hab ich aus zweiter Hand erfahren, also nicht von der Person selbst. Für mich war das ein
Schock, da ich nicht damit gerechnet habe. Ihr kennt bestimmt die
Vorurteile gegenüber Schwulen, dass sie zB etwas tuntig sind, oder sich mehr für Mode interessieren als hetero Männer. Aber das war alles nicht
der Fall, deshalb hatte ich es auch nicht vermutet.
Die Person ist ein ganz normaler junger Mann, der verzweifelt wenn man ihn zum Shoppen mitnimmt und schnulzige Filme hasst, er passt also nicht in dieses Klischee des Schwulen.
Okay, ich hab also davon erfahren, und dann ist erstmal eine Welt
zusammen gebrochen. Ich hab erstmal eine Stunde lange nichts gesagt, sondern nur
nachgedacht. Außerdem hab ich mir Vorwürfe gemacht, dass ich über all die Jahre nichts bemerkt habe. Manche
Erwartungen, die ich hatte würden also
nie erfüllt werden, wie zB Patentante werden. Als nächstes ging mir durch den Kopf,
wie das Umfeld damit klar kommen wird. Die Familie, die Freunde. Am meisten Sorge machte ich mir bei dem Vater und den Großeltern, ich denke diesen Familienmitgliedern wird es am schwersten Fallen das zu akzeptieren.
Wird er noch so akzeptiert wie früher? Wird die Familie ihn verstoßen? Liebt man ihn jetzt deswegen
weniger?

Dann fragte ich mich das wohl Wichtigste:
Wie geht es ihm selbst dabei?
Homosexualität ist unchristlich und wird als unnormal angesehen. Ich bin jetzt jedoch überzeugt, dass man
selbst gar nicht bestimmen kann ob man homosexuel sein will oder nicht. Ich denke wenn man die Wahl hätte, würde man sich für
hetero entscheiden, weil es einfach der gesellschaftlichen Norm entspricht. Außerdem bleiben einem viele Probleme damit erspart.
Er kann also gar nichts dafür, dass er schwul ist, es gibt keinen Grund dafür. Oft machen sich Eltern ja wegen so etwas sorgen, von wegen sie haben etwas in der Erziehung falsch gemacht oder so, dass ich absoluter Blödsinn! Als Betroffener merkt man dann einfach, dass man anders ist, dass man nicht auf das andere, sondern auf das eigene Geschlecht steht. Man findet Andersgeschlechtliche einfach
nicht attraktiv, dagegen kann man auch gar nichts tun. Aber man muss damit klarkommen Ich denke da hat man dann zuerst einen inneren Konfilkt. Warum bin ich so? Aber es ist einfach so und man muss das
akzeptieren, was nicht
leicht ist, und
dazu stehen, was noch schwieriger ist.
Als letztes überlegte ich,
wie ich mich jetzt verhalten soll.
Ich wusste nicht ob ich ihn darauf ansprechen sollte, wollte aber unbedingt mit jemanden darüber reden, denn ich kam selbst nicht
so ganz mit der Situation klar. Ich war mir sicher, dass ich ihn
wie vorher sehen und
behandeln würde, und er mir deswegen
nicht weniger bedeutet, oder ich ihn weniger lieb hab. Ich war mir aber nicht sicher ob "mit offenen Armen" auf ihn zugehen sollte, und ihm sagen sollte dass alles "
überhaupt nicht schlimm" ist, was aber nicht der
Wahrheit entsprechen würde, denn ehrlich gesagt war es schon
schlimm für mich.
Und was dann letztendlich passiert ist ...
Zuerst hab ich mit einer anderen Person, die eingeweiht war,
geredet, was mir sehr geholfen hat. Und nach einer Zeit hab ich ihn selbst dann auch darauf angesprochen. Dabei hab ich darauf geachtet, dass ich von meiner
Enttäuschung, die dahin schon nicht mehr so groß war, nichts durchklingen lasse. Das Gespräch war auch sehr angenehm, ich denke zu diesem Zeitpunkt kam er schon besser damit klar. Ich hab außerdem nochmal gesagt, dass sich für mich dadurch
nichts an unserer Beziehung zueinander
ändert, also dass ich ihn i
mmernoch genau so sehr mag wie vorher, und ich hab gesagt, dass ich ihm bei allem was auf ihn zukommt
helfen werde, sprich, ihm meine
Unterstützung zugesichert. Seien Eltern sind bis jetzt noch nicht
eingeweiht, aber ich denke dass wird dann auch bald folgen. Für mich ist es inzwischen übrigens eigentlich nicht mehr schlimm, ich komm damit klar.
Hat sich in eurem Umfeld auch schon jemand geoutet?
Wie steht ihr zu dem Thema? & wie nah seid ihr an dem Thema dran?